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Beantwortet
Autor Roswitha Clüver am 01. Juli 2009
9301 Leser · 0 Kommentare

Wirtschaft

Auf durch Betrug verlorenes Vermögen Steuern zahlen ?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
mehre zehntausend Bürger sind durch die Phoenix-Kapitaldienst-GmbH, die unter Aufsicht der Bafin stand, um Ihre Altersvorsorge bestohlen worden. Diejenigen, die sich die angeblichen Gewinne aus der Kapitalanlage auszahlen ließen, sollen sie jetzt an den Insolvenzverwalter zurückzahlen, da es sich um betrügerische Buchungen handelt. Diejenigen, die sich die angeblichen Gewinne haben gutschreiben lassen und sie zusammen mit einem Großteil ihres angelegten Vermögens verloren haben, sollen jetzt nachträglich darauf Einkommensteuern zahlen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe beim Bundesfinanzministerium soll das festgelegt haben. Dabei handelt es sich um einen eklatanten Verstoß gegen die Abgabenordnung, die von der Finanzverwaltung fordert, dass sie von Amts wegen zu prüfen hat, ob es sich um steuerpflichtige Einnahmen oder um betrügerische Buchungen handelt. Da die Verantwortlichen von Phoenix rechtskräftig verurteil wurden, kann sich die Finanzverwaltung darüber informieren. Warum verstößt die Finanzverwaltung nicht nur gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, sondern auch gegen die Abgabenordnung, nachdem die Bafin, als Einrichtung der Bundesregierung daran mitschuldig ist, dass die Bürger um Ihre Ersparnisse gebracht wurden ? Sollen sie nun dreimal zur Kasse gebeten werden ? Wer von ihnen glaubt danach noch an den Rechtsstaat ? Mit besorgten Grüßen R. Clüver

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 23. Oktober 2009
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Clüver,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Grundsätzlich müssen Kapitalanleger Gewinne als Einnahmen versteuern. Das gilt auch, wenn sie diese Gewinne erneut anlegen und sie zum Beispiel in einer Finanzkrise wieder verlieren.

Nach der Rechtsauffassung von Bund und Ländern gilt: Entscheidend ist, wie sich das jeweilige Geschäft aus Sicht des Anlegers darstellen musste.
Im Fall der Phönix Kapitaldienst GmbH konnte der Anleger davon ausgehen, dass die Gewinne tatsächliche Erträge und keine Scheinrenditen waren. Er konnte ebenfalls davon ausgehen, dass er sich die Erträge hätte auszahlen lassen können, ohne sie wieder anzulegen. Das gilt umso mehr, als Phönix die Ansprüche ihrer Kapitalanleger bis zur Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens auch tatsächlich befriedigt hat.
Es wäre ein Verstoß gegen steuerliche Gleichheitsgrundsätze, hätte man von einer Besteuerung abgesehen. Auch wenn der Anleger von einem Betrug nichts wusste, würde er nämlich steuerlich zu Unrecht besser gestellt - z.B. als ein Anleger, der im „redlichen Geschäftsverkehr“ gleichfalls zu versteuernde Ausschüttungen wieder investiert, sein Kapital und Gewinne aber aufgrund einer Finanzkrise verloren hat.
Die Besteuerung sogenannter Scheinrenditen ist daher weder verfassungswidrig noch ein Verstoß gegen die Abgabenordnung. Das hat der Bundesfinanzhof wiederholt mit seinen Entscheidungen bestätigt.
Allerdings kann das Finanzamt in Einzelfällen durchaus helfen und die Umstände berücksichtigen. Bei finanziellen Engpässen eines geschädigten Steuerpflichtigen sind eine Stundung oder ggf. auch ein (Teil-)Erlass der Einkommensteuer möglich.
Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung