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Beantwortet
Autor Andreas K. am 24. Februar 2009
15521 Leser · 146 Stimmen (-14 / +132)

Sonstiges

access blocking

Werte Frau von der Leyen,

mit Befremden muß ich der Presse entnehmen, wie sich Ihr Ministerium (im folgenden mit BMFSFJ abgekürzt) wiederholt zur Problematik des "access blockings" äußert. Bevor ich meine Fragen stelle möchte ich einige Punkte klar stellen. Miemand wird widersprechen, dass es sich bei Kinderpornographie um ein abscheuliches Verbrechen handelt, das definitiv bekämpft werden muß. Allein die Art und Weise wie dies geschehen soll ist umstritten. Das BMFSFJ trägt meiner Meinung nach leider nicht zur Versachlichung der Diskussion bei.

1) Laut [1] sieht das Bundesfamilienministerium die Haftung bei möglichen Verletzungen des Fernmeldegeheimnisses bei den Providern. Auf der Homepage des BMFSFJ [2] steht genau das Gegenteil.

2) Laut der Homepage des BMFSFJ [3] gibt es aktuell keine nennenswerten Beschwerden bzgl. access blocking im Ausland. Der Artikel [4] zeigt deutlich, dass das nicht den Tatsachen entspricht.

3) Ferner werden Sie in [1] zitiert und wird unter [5] vom BMFSFJ selber behauptet, dass die Sperrung von Seiten weder einen Eingriff in das Grundrecht auf freie Information, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung noch einen Eingriff in den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses darstelle. Bei einem solchen Verfahren komme es nicht zu einem Aufruf einer Webseite und somit auch nicht zu einer Kommunikation. Selbst wenn man annehmen würde, dass das Fernmeldegeheimnis berührt werden könnte, würde es sich um allein technikbedingte, im Nachhinein rasch wieder "spurenlos aussonderbare" Kommunikationsvorgänge handeln. Auch bei solchen gehe das Bundesverfassungsgericht nicht von einem Grundrechtseingriff aus. Auch dies ist entspricht nicht der Wahrheit, wie sich unschwer anhand der Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 67, 157 - G 10) nachweisen läßt [6].

Ich stelle also fest, dass dem BMFSFJ scheinbar jegliche Sachkenntnis zu diesem komplexen Thema fehlt.

Nun meine Fragen:
A) Wieso werden die Bedenken der Experten aus der Wirtschaft und Erfahrungen aus anderen Ländern ignoriert?
B) Welche Experten (namentlich und fachliche Zuständigkeit) arbeiten als Sachverständige in der Arbeitsgruppe "access blocking"?
C) Wieso werden offensichtliche Unwahrheiten (siehe Punkt 3) und widersprüchliche Ansichten durch das BMFSFJ (siehe Punkt 1) verbreitet?
D) Gibt es überhaupt eine Leitung der Arbeitsgruppe "access blocking"?

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Kirsch.

[1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/133227
[2] http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/root,did=119...
[3] http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/root,did=119...
[4] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29693/1.html
[5] http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/root,did=119...
[6] http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/zum-fernmeld...

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Antwort
von Ursula von der Leyen am 08. Mai 2009
Ursula von der Leyen

Sehr geehrter Herr Kirsch,

der Kampf gegen kinderpornografische Angebote im Internet und die breite öffentliche Debatte über den geeigneten Weg zeigen: Wir haben mit unserem Vorstoß, den Zugang zu solchen Seiten zu erschweren, offenbar einen Nerv getroffen. Nach vielen Gesprächen mit zahlreichen Experten aus dem In- und Ausland bin ich mehr denn je überzeugt, dass wir als Gesellschaft die Vergewaltigung von Kindern im Internet nicht länger hinnehmen können.

Dabei habe ich mit Befremden festgestellt, dass manche Diskussionsbeiträge die Ebene der gebotenen Sachlichkeit bisweilen verlassen. Selbstverständlich sind in die Verhandlungen mit den Internetprovidern über eine freiwillige Sperrung kinderpornografischer Seiten Bedenken und Anregungen aus der Wirtschaft sowie Erfahrungen aus anderen Ländern eingeflossen und wurden in der verbindlichen Vereinbarung berücksichtigt.

Dass die geplanten Zugangssperren dem Grundgesetz entsprechen, darüber ist sich die Bundesregierung einig, was uns übrigens auch unabhängige Experten bestätigen. Ich bin mir daher sicher, dass unser Vorgehen gegen Kinderpornografie im Internet rechtlich einwandfrei ist und helfen wird, die Verbreitung dieser grauenhaften Bilder im Internet einzudämmen.

Ich finde es richtig und wichtig, das Verfahren transparent zu gestalten, damit Gerüchte und Desinformationen die immer wieder ihren Weg in die öffentliche Debatte finden, keine Chance haben. Deswegen hat mein Ministerium einen umfangreichen Frage&Antwort-Katalog im Netz veröffentlicht, der ständig aktualisiert wird:
http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/root,did=119...

Mit freundlichen Grüßen,