Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Steffen Zollondz am 05. Juli 2012
7348 Leser · 115 Stimmen (-8 / +107) · 0 Kommentare

Vorhaben, Vorschläge und Ideen

Meldegesetz

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich fordere Sie hiermit höflichst auf bei der demnächst im Bundesrat auf Sie zukommenden Abstimmung zum neuen Meldegesetz dagegen zu stimmen.

Mir fehlen die Worte und ich bin einfach nur erschüttert, wie so ein Gesetzesvorschlag, in dem meine persönlichen Daten von Seiten des Staates an Datenhändler oder Auskunfteien verkauft werden und ich dies nichteinmal durch Widerspruch verhindern kann, wenn der Händler einen veralteten Datensatz hat.
Ich frage mich, wie solch ein Gesetzesentwurf in einem Kontext von Vorratsdatenspeicherungsweigerung gegenüber der EU überhaupt verabschiedet werden kann? Vielleicht können Sie mir da ja weiterhelfen.

Für mich ist das nur wieder ein weiterer Schritt der Korumpierung unserer Politik zur Willfährigkeit gegenüber irgendeiner Lobby und zum Schaden der Bürger unserer Nation und letztenendes Ihrer Wähler.

Ich bin zutiefst erschüttert über dieses Gesetz und bitte Sie Ihr möglichstes zu tun um zu verhindern, dass dieses Gesetz den Bundesrat passiert.

Mit freundlichen Grüßen
Steffen Zollondz

+99

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Matthias Platzeck am 06. September 2012
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Zollondz,

Ihr Beitrag auf meinem Portal ist Ausweis dafür, wie sehr dieses Thema im Land Emotionen ausgelöst hat. Ich kann das verstehen. Der Umgang mit persönlichen Daten ist eine sensible Angelegenheit, der Schutz der Privatsphäre gerade im Internetzeitalter allenthalben Thema. Gerade vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn auch der Umgang des Staates mit Daten der Bürgerinnen und Bürger kritisch hinterfragt und gerade bei einer Neuregelung, mit der wir es hier zu tun haben, im Fokus öffentlicher Wahrnehmung steht.

Lassen Sie mich aber auch einen Gedanken voran schicken. Im Gegensatz zu manch anderem Zeitgenossen halte ich es geradezu für eine Pflicht des Staates, über Datenmaterial zur Bevölkerungsentwicklung und auch zu den Bürgerinnen und Bürgern zu verfügen und es ständig zu aktualisieren. Nur so ist die Organisation eines funktionierenden Gemeinwesens zu bewerkstelligen, lassen sich im Ernstfall auch Maßnahmen zur Gefahrenabwehr organisieren. Deshalb ist ein Meldegesetz auch so eine wichtige Sache. Denn es umfasst einen Teil der – wenn Sie so wollen – Spielregeln, nach denen dies geschieht.

Doch nun zu Ihrem konkreten Anliegen. Das von Ihnen angesprochene Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag mit den kurzfristig beschlossenen Änderungsempfehlungen des Innenausschusses am 28. Juni verabschiedet. Damit wurde — und das war entscheidend und auch für mich überraschend - der Gesetzentwurf der Bundesregierung insbesondere hinsichtlich der Vorschriften zur Erteilung einfacher Melderegisterauskünfte für Werbung und Adresshandel in wesentlichen Punkten verändert. Im Kern läuft das Gesetz jetzt darauf hinaus, dass Ämter Daten an Adresshändler und Werbefirmen verkaufen dürfen, wenn der Bürger nicht ausdrücklich widerspricht. Ursprünglich war vorgesehen, dass der Bürger einem solchen Geschäft mit seinen Daten ausdrücklich zustimmen muss.

Die Länder – und auf deren Haltung spielen Sie ja mit Ihrer Frage an mich an - hatten zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung bereits eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Damals war allerdings die jetzt zu Recht kritisierte Widerspruchsvariante nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs. Vielmehr war – wie schon erwähnt – die Einwilligungslösung vorgesehen.

Sie fragen zu Recht, wie es nun weiter geht. Im September wird das Gesetz im Bundesrat beraten werden. Ich bleibe auch in dieser Frage ganz bei meiner Haltung, dass der Schutz persönlicher Daten in der Informationsgesellschaft ein hohes Gut ist und werde das mir Mögliche tun, dass die derzeit im Gesetz verankerte Regelung keinen Bestand haben wird. Das Abstimmungsverhalten des Landes Brandenburg im Bundesrat wird zwar im Kabinett erst kurz vor der Bundesratssitzung festgelegt. Ich bin aber angesichts der Meinungsbildung hier im Land und der laufenden länderübergreifenden Gespräche zuversichtlich, dass im Zuge der Beratungen im Bundesrat Ihre und meine Forderungen zum Schutz der persönlichen Daten sich durchsetzen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Matthias Platzeck