Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Kornelia Bädke am 04. März 2013
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Bildung

Schulamtsreform ignoriert Bedenken von Lehrern und Eltern

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Mathias Platzeck,

kürzlich las ich in der Berliner Morgenpost einen Artikel, in dem Sie Ihre Entscheidung für ein Nachtflugverbot verteidigen. „Wir brauchen einen konkurrenzfähigen Flughafen. Dazu stehe ich! Wenn ich es aber ernst mit der Demokratie meine, muss ich auch zur Kenntnis nehmen: Eine wachsende Anzahl von Bürgern will mit dem gerichtlich bestätigten Nachtflugverbot nicht leben.“
Im Zusammenhang mit dem Flughafenprojekt haben Sie zum Ausdruck gebracht, „dass sich ein solch großes Infrastrukturprojekt nur erfolgreich entwickeln kann, wenn eine Mindestakzeptanz in der Bevölkerung erreicht wird und man auf Augenhöhe miteinander verkehrt.“ Warum trifft diese Aussage nicht auf die Entscheidungen zur Reform der Staatlichen Schulämter im Land Brandenburg zu??? Auch sie wird von den Brandenburgern – und erst recht von den in der Uckermark abseits gelegenen Regionen- abgelehnt.
Zum vernünftigen Herangehen an Politik gehört zweifelsfrei, dass man seinem Wahlversprechen! gerecht wird und sich für eine Region einsetzt und sie nicht etwa von jeglicher Entwicklung ausschließt. Es erschließt sich mir nicht, inwiefern durch die Schulamtsreform „die Mark vor dem Hintergrund des demografischen Wandels fit für die Zukunft“ gemacht werden kann.
Wenn es nicht gelingt, die Reform der Schulämter im Land Brandenburg zu stoppen und neu zu überdenken, bedeutet dies eine Benachteiligung der Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in die Landkreise Uckermark und Barnim gelegt haben. Für die Region wird damit unmittelbar die weitere Abwanderung junger Familien in die Ballungszentren - mit umfassendem Bildungsangebot und der Möglichkeit, den Kontakt zum Amt auch persönlich in Anspruch nehmen zu können - forciert.
Hat es nicht genügend politisches Gewicht, wenn sich Schüler, Eltern und Lehrkräfte von88 Schulen gegen die geplanten Veränderungen aussprechen, wenn man bedenkt, dass im Land Brandenburg insgesamt 756 Schulen existieren.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Platzeck, bitte erklären Sie mir, den betroffenen Eltern und Lehrkräften, warum unsere Bedenken in Bezug auf die Schließung des Schulamtsstandortes Eberswalde nicht dazu führen, neue Denkansätze zu suchen.
Die Zahl der Stellen in der Landesverwaltung sollen von derzeit 49 000 bis zum Jahr 2019 auf 42 000 reduziert werden. Davon bringt die Reform der Schulaufsicht lediglich 40 Stellen. Gleichzeitig steigen die schulischen „Anforderungen“ und damit auch der Bedarf an Beratung und Betreuung.

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Antwort
von Matthias Platzeck am 12. April 2013
Matthias Platzeck

Sehr geehrte Frau Bädke,

haben Sie vielen Dank für Ihre engagierten Zeilen zu einem Sachverhalt, zu dem ich vor Monaten auf diesem Portal schon einmal ausführlich Stellung genommen habe. Sie haben vollkommen recht: Zur Demokratie gehört es, auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich den objektiven Gegebenheiten zu stellen. Auch ich nehme wahr, dass die geplante Schließung des Staatlichen Schulamtes in Eberswalde vor Ort für Unmut und Unverständnis sorgt. Aber ich habe auch den Eindruck, dass die Mehrzahl der Brandenburgerinnen und Brandenburger die Reform der Schulämter nicht grundsätzlich ablehnt. Lassen Sie mich deshalb nochmals kurz erläutern, warum wir diese Entscheidung getroffen haben.

Ein wichtiger Grund für die Reform der Schulämter ist die demografische Entwicklung: Die Bevölkerung im Land nimmt bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um zwölf Prozent ab, die Zahl der Geburten wird von derzeit 18.000 auf rund 10.000 zurückgehen. Schon ab 2015 werden deutlich weniger Kinder eingeschult. Das heißt eben auch, dass vor allem in ländlichen Regionen mittelfristig weniger Schulen benötigt werden. Allein das bedarf einer Entscheidung perspektivisch verantwortungsvoll handelnder Politik.

Zugleich ändern sich in den kommenden Jahren die finanziellen Rahmen- bedingungen für unser Land: Transferleistungen von Bund und EU werden über 20 Jahre nach der Wende spürbar sinken. Völlig zu recht, wenn man die positive Entwicklung unseres Landes in Betracht zieht. Damit Brandenburg künftig dennoch handlungsfähig bleibt, wird sich die Landesregierung den neuen Anforderungen anpassen müssen.

Das betrifft alle Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen wie etwa die Schulämter. Die derzeit etwas mehr als 300 Stellen werden sich den Experten zufolge auf 240 reduzieren. Weitere Veränderungen in den Folgejahren sind nicht auszuschließen.

Die Herausforderung ist also klar: Wir müssen und wir wollen auch künftig die Qualität der Schulaufsicht und -beratung sichern. Wie soll das gehen? Ich fühle mich da in meinen Empfindungen als Vater von den Experten des Bildungsministeriums bestätigt. Die Bürgernähe der Schulämter ergibt sich bereits heute weniger aus ihrer räumlichen Erreichbarkeit, sondern eher aus den Möglichkeiten per Telefon und E-Mail. Nur in ganz seltenen Fällen müssen Kinder und Jugendliche oder die Eltern die Schulämter tatsächlich aufsuchen. Für mich ist entscheidend, dass nach Berechnung der Experten die Qualität der Unterstützung und Beratung der Schulen erhalten bleibt. Alle Schulrätinnen und Schulräte werden – obwohl die Wege im Einzelfall etwas länger sind - künftig sogar mehr für die Schulen da sein können, da sie mit der Schulamtsreform von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.

Gestatten Sie mir, sehr geehrte Frau Bädke, noch ein paar Worte zu unserem Herangehen. Meine Regierung hat bereits im Jahr 2009 in ihrer Koalitions- vereinbarung festgelegt, die Schulämter zu evaluieren und neu zu organisieren. Vor der Entscheidung zur konkreten, künftigen Struktur der unteren Schulaufsicht haben Fachleute Struktur und Aufgaben über zwei Jahre gründlich analysiert. In diesen Prozess waren die Schulämter ebenso eingebunden wie Gewerkschaften und der Hauptpersonalrat. Im Ergebnis des Beratungs- und Entscheidungsprozesses wird nun eine Strukturreform mit veränderten Zuständigkeiten umgesetzt. An Stelle der sechs Schulämter wird es künftig eine Landesschulagentur mit einer Steuerungseinheit und vier Regionalstellen geben. Sie sehen, kein Schnellschuss, sondern eine wohl überlegte Entscheidung

Für die Festlegung der Regionalstandorte gab es klare Kriterien: regionale Ausgewogenheit, Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit. Die bisherigen Standorte Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) bleiben erhalten. Zum einen gibt es dort eine hohe Schuldichte, zum anderen haben die Städte eine wichtige Ankerfunktion für den ländlichen Raum. Der bisherige Standort Perleberg wird aus Gründen der höheren Schuldichte im Berlin nahen Raum, für den die Behörde auch verantwortlich ist, nach Neuruppin verlagert. Die Schulämter in Eberswalde und Wünsdorf sind die kleinsten Standorte unter den sechs Schulämtern - sowohl bezogen auf die Zahl der Schulen, die sie betreuen, als auch auf die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kleinere Standorte aufzugeben ist sozialverträglicher, als große Standorte zu schließen. Das begründet der Expertenvorschlag.

Sehr geehrte Frau Bädke, ich kann gut verstehen, dass insbesondere in der Uckermark und im Barnim Einige enttäuscht über die Schließung des Standortes in Eberwalde sind. Ich möchte dennoch erneut um Verständnis für diese Entscheidung werben. Mit der Zentralisierung und der Verringerung der Standorte können wir Aufgaben effektiver bündeln, die Leistungsfähigkeit verbessern und eine effiziente und zukunftssichere Schulaufsicht schaffen. Und das ist, glaube ich, auch im Sinne unserer Kinder.

Mit freundlichen Grüßen