Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Jan-Erik Hansen am 03. Januar 2011
8434 Leser · 64 Stimmen (-1 / +63) · 0 Kommentare

Sonstiges

Winter 2010/2011- Missstände in Brandenburg- Was unternimmt die Landesregierung?

Sehr geehrter Herr Platzeck,

im Folgenden möchte ich Ihnen zunächst eine aktuelle Lagebeschreibung unter Bezugnahme aktueller Medienberichte geben und danach auf mein Anliegen näher eingehen.

Beim Landesbetrieb Straßenwesen herrscht nach dem frühen Wintereinbruch akuter Salzmangel. "Im schlimmsten Fall drohen bei extremer Witterung zum Ende der Weihnachtsfeiertage Sperrungen, weil die Straßen nicht mehr gesalzt werden können", sagte Vorstandschef Hans-Reinhard Reuter.

Am Donnerstag sollten die Autobahn- und Straßenmeistereien noch einmal mit Salz beliefert werden. Da jedoch der Lieferant ab Heiligabend sowie an den Feiertagen kein weiteres Salz bringen werde, könne der Vorrat am 26. Dezember erschöpft sein, sagte Reuter.

Im Notfall müssten dann im Falle von Glatteis oder starkem Schneefall einige Straßen gesperrt werden. Das könne auch auf Autobahnen zutreffen.

Das Salz war schon in der vergangenen Woche knapp geworden. Der Lieferant könne den Bedarf nicht in ausreichendem Maße decken, sagte Reuter. Er fügte hinzu, dass die Lager der Autobahnmeistereien zu Beginn des Winters wie geplant mit insgesamt 45.000 Tonnen Salz voll gewesen seien.

Normalerweise reiche diese Menge Salz für mindestens einen halben Winter. Es habe auch schon Winter gegeben, in denen lediglich 20.000 Tonnen Salz gebraucht wurden.

Schwierig ist die Situation laut Reuter in den kommenden Tagen, weil es nach dem Tauwetter vom Donnerstag wieder kalt werden soll. Über die Feiertage werde der Landesbetrieb rund 300 Mitarbeiter im Einsatz haben, um die wichtigsten Straßen zu bearbeiten, sagte Reuter.

Der Landesbetrieb ist in Brandenburg für rund 10.800 Kilometer Straßen zuständig. Dabei werden die rund 800 Kilometer Autobahn rund um die Uhr geräumt, während die 2.800 Kilometer Bundesstraßen und 5.800 Kilometer Landesstraßen sowie Radwege an Bundes- und Landesstraßen überwiegend tagsüber bearbeitet werden.

Meine Fragen an Sie wären (wenn Sie gestatten, unterteile ich eine sonst zu umfangreiche Frage mehrere kleine):

1. Was unternehmen Sie bzw. was unternimmt die Landesregierung des Landes Brandenburg damit solche Zustände und aller Wahrscheinlichkeit nach zu erwartenden ähnlichen Zustände in den Wintern der nächsten Jahre nicht mehr auftreten werden bzw. auftreten können?

2. Wurde Ihrer persönlichen Meinung nach aus den Wintern der letzten Jahre (speziell dem Winter des letzten Jahres 2009/2010) in der Hinsicht Verbesserung des Managements nicht viel gelernt bzw. was hat sich aus den Erfahrungen zur Verbesserung der Vorbereitung auf einen zeitlich langen und starken Winter getan?

3. Was unternimmt die Landesregierung des Landes Brandenburg in Hinsicht auf die juristische Ebene denjenigen gegenüber, die ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht eingehalten haben bzw. nicht einhalten? (z.B. die Nicht-Lieferung von (bestellten) Streusalz, dem inflationären Nicht-Räumen von Straßen von Schnee und dem mangelhaften Einsatz von auftauenden Streumittel und abstumpfende Streumittel bei Behörden und u.a. den Kommunen des Landes Brandenburg und bei privaten Hauseigentümern)

Vielen Dank.

Viele Grüße

Jan-Erik Hansen

+62

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Antwort
von Matthias Platzeck am 11. März 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Hansen,

erneut möchte ich mich für Ihren Fragenkatalog bedanken. Der Frühling steht zwar vor der Tür, doch der nächste Winter kommt bestimmt.

Lassen Sie uns noch einmal auf den strengen letzten Winter zurückblicken: Zu dessen Beginn waren im Landesbetrieb Straßenwesen alle Lager mit Streusalz voll. Der knackig kalte Dezember setzte ein, die Streufahrzeuge rückten aus und die prall gefüllten Lager waren schnell leer. Das Problem war also nicht zuerst die Vorsorge, sondern - wie Sie richtig bemerkt haben - die dann später ausbleibenden Streusalzlieferungen der Lieferanten. Auch deren Vorräte schrumpften rasch. Bei den extremen Witterungsbedingungen konnte dann nur noch aus den täglichen Fördermengen der Salzindustrie geliefert werden.

Die bundesweit und dauerhaft hohe Nachfrage durch die strengen Witterungsbedingungen führte sehr schnell zu knappen Streusalzreserven bei Lieferanten und den Straßenbauverwaltungen. Damit konnte der Bedarf in weiten Teilen Deutschlands - so auch in Brandenburg – nicht mehr gedeckt werden. Das hieß für den Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg: Prioritäten setzen, um die Befahrbarkeit und damit den Verkehrsfluss - wenn auch mit geringeren Geschwindigkeiten - aufrecht zu halten.

Der Winter ist vorbei, in seiner Folge sind sich alle 16 Bundesländer und der Bund einig, dass zur Vermeidung dieser oder ähnlicher Situationen eine größere Unabhängigkeit von den Lieferengpässen der Salzindustrie geschaffen werden muss. So wird der Landesbetrieb Straßenwesen künftig noch mehr Streusalz in Vorbereitung des Winters einlagern, um einer vergleichbaren Witterungssituation länger standhalten zu können. Zusätzliche Lagerkapazitäten werden kurzfristig durch die Anmietung von Hallen als Puffer- bzw. Zwischenlager sichergestellt. Mittel- und langfristig sollen dann zusätzliche Hallen oder Silos die Lagerkapazitäten der Autobahn- und Straßenmeistereien dauerhaft erweitern.

Bereits aus den Erfahrungen des Winters 2009/2010 hatte der Landesbetrieb Straßenwesen Schlussfolgerungen gezogen, um auf einen möglichen Wiederholungsfall besser vorbereitet zu sein. So wurden die Verträge mit den Lieferanten modifiziert. Sie sollten zusätzliche Salzmengen einlagern. Und ein „zentrales Salzmanagement“ wurde eingeführt. Was nichts anderes heißt, als im Extremfall noch lieferbares Streusalz an die Orte mit dem höchsten Bedarf navigieren zu können. Damit hatten die Autobahnmeistereien wenigstens so viel Streusalz zur Verfügung, dass sie die Bundesautobahnen im Land Brandenburg nicht sperren, sondern in ihrer Kapazität lediglich einschränken mussten. In anderen Bundesländern waren zum Teil Vollsperrungen von Autobahnabschnitten unvermeidlich. Aber ich gestehe auch freimütig: In einigen Regionen lief es besser als bei uns.

Sehr geehrter Herr Hansen, häufig ist mir Ärger und Kopfschütteln begegnet, wenn die Straßen im Winter wieder einmal schlecht befahrbar waren. Wir waren alle davon betroffen. Und dennoch ist der Ruf nach rechtlichen Konsequenzen auf Landesebene, da kann ich es beurteilen, nicht angebracht. Der Betriebsdienst des Landesbetriebes für Straßenwesen sicherte nach besten Kräften die Befahrbarkeit und an besonderen Gefahrenstellen die Verkehrssicherheit der Straßen. Die Erfahrungen der letzten beiden Winter zeigen: Einziges Mittel ist und bleibt die maximale Auslastung der eigenen Streusalz-Lagerkapazitäten, um unabhängiger von der angespannten Marktsituation im Winter zu sein. Im Übrigen: Mein Eindruck ist, dass auch die Mehrzahl der Brandenburgerinnen und Brandenburger ihrer Streupflicht nachgekommen sind.

Mit freundlichen Grüßen