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Beantwortet
Autor Tomas J. am 09. Juli 2007
18589 Leser · 125 Stimmen (-27 / +98)

Gesetzgebungsverfahren

Verfallsdatum für Gesetze

Sehr geehrter Herr Lammert,

Deutschland ist Spitzenreiter in Gesetzen, Steuern,Verordnungen, Kommentierungen und juristischen Finessen. Gesetze erscheinen heute meist in zweifacher oder dreifacher Revision und Reformen erweisen sich meist als Stolpersteine, die alles nur noch komplizierter machen, dem Bürger zusätzliche Bürokratie auflegen und für Laien meist gänzlich undurchsichtbar sind.

Mein Vorschlag:

Alle Gesetzestexte, Verordnungen, Steuern und Abgaben erhalten automatisch ein Verfallsdatum von 5 Jahren. Werden diese bei Ablauf nicht vom Bundestag erneut beschlossen und ggf. angepasst, so verfallen diese automatisch und werden ungültig.

So wird auf Dauer ein Selbstbereinigungsmechanismus für Gesetze und Steuern eingeführt, welches den bürokratischen Wildwuchs eindämmt. Gesetzestexte werden automatisch verständlicher und auch kürzer weil Sie als Politiker bzw. die Ausschüsse und Gremien ja plötzlich in einer höheren Taktzahl arbeiten müssen.

Zudem verhindert man solche urkomischen Konstruktionen wie beispiesweise die Sektsteuer, mit der wir wohl noch heute des Kaisers Flotte finanzieren.

+71

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Antwort
aus dem Bundestag am 30. Juli 2007
Bundestagspräsident

Sehr geehrter Herr Jakobs,

die Befristung von Gesetzen wird in einigen Bundesländern – mit Unterschieden im Detail – bereits praktiziert, etwa in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Auch im Deutschen Bundestag werden Gesetze nicht selten befristet und mit der Verpflichtung versehen, das Gesetz vor Fristablauf zu evaluieren und einen entsprechenden Bericht zu erstatten. So, um nur zwei Beispiele zu nennen, das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 und das Gesetz zu seiner Ergänzung vom 10. Januar 2007. Ein Antrag (BT-Drs. 16/119), demzufolge Gesetze grundsätzlich daraufhin überprüft werden sollen, ob sie befristet werden können, ist zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen worden.

Als Vorteil einer allgemeinen Befristung wird angesehen, dass der Gesetzgeber sich regelmäßig mit einmal verabschiedeten Gesetzen auseinandersetzen müsste. Und nicht erneuerte Gesetze würden automatisch außer Kraft gesetzt, das entspräche einer ständigen Rechtsbereinigung. Möglich erscheinen aber auch durchaus gewichtige Nachteile: So bedarf es aufgrund von Gesetzesbefristungen ständig neuer Beratungen auch weitgehend unstreitiger Gesetze. Das kostet Zeit, die für die Beratung aktueller politischer Fragen und die Vorbereitung neuer Gesetze fehlt. Deswegen stellt sich die Frage, ob nicht andere Formen der Rechtsbereinigung effektiver sind. Vor allem aber müssen die Bürger in vielen Fällen auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage vertrauen können, um sich darauf einzurichten. Dieses Vertrauen, das auch verfassungsrechtlichen Schutz genießt, wäre bei einer allgemeinen Befristung von Gesetzen möglicherweise gefährdet.

Auch ohne pauschale Befristung werden bestehende Gesetze bereits heute daraufhin überprüft, ob sie noch in der vorliegenden Form sinnvoll sind. So sollen Gesetzentwürfe nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien auch die Aufhebung überholter Vorschriften vorsehen. Diese Form der Rechtsbereinigung wird auch durchaus praktiziert, wie die Vielzahl der allein in dieser Wahlperiode vom Deutschen Bundestag aufgehobenen Rechtsvorschriften zeigt. Im vergangenen Jahr hat überdies der Normenkontrollrat seine Arbeit aufgenommen, der zur Senkung von Bürokratiekosten beitragen soll.

Mit freundlichen Grüßen