Sehr geehrter Herr Otar,
der Bundestagspräsident kann Ihren Unmut über die gestiegenen Rohölpreise und die damit einhergehenden Preissteigerungen für Diesel, Benzin und Gas gut nachvollziehen. Die hohen Ölpreise stellen eine große Belastung für die privaten Haushalte dar und gefährden zudem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
Einseitige Schuldzuweisungen an Konzerne oder Spekulanten werden jedoch der Komplexität dieses Problems nicht gerecht. Denn es gibt verschiedene Gründe für den hohen Ölpreis: Eine der wichtigsten Ursachen ist die gestiegene weltweite Nachfrage. So genannte Schwellenländer wie beispielsweise China oder Indien haben aufgrund ihres Wirtschaftswachstums heute einen höheren (und weiter steigenden) Rohstoffbedarf zu decken als früher. Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass sich die weltweite Nachfrage in diesem Jahr um eine Million Barrel (1 Barrel = 159 Liter) pro Tag erhöhen wird. Eine kurzfristige Erhöhung des Angebots ist nicht ohne weiteres möglich, da die Erschließung neuer Ölquellen langwierig und sehr kostenintensiv ist. Eine höhere Nachfrage bei gleich bleibendem bzw. begrenztem Angebot führt in einem marktwirtschaftlichen System gemäß dem Gesetz der Preisbildung zu einer Preissteigerung.
Weil die Rohölpreise auf den internationalen Ölmärkten festgelegt werden, sind die Einflussmöglichkeiten der nationalen Politik gering. Ein direktes Einwirken Deutschlands auf Angebot, Nachfrage oder Preis ist deshalb nicht möglich. Vielmehr ist ein koordiniertes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft notwendig, um die Transparenz auf dem internationalen Ölmarkt zu erhöhen. Derzeit prüfen der Internationale Währungsfonds und die Internationale Energieagentur, ob und inwiefern Spekulation Einfluss auf das Preisniveau hat, und stellen dazu im Oktober 2008 einen Bericht vor. Darüber hinaus analysiert auch die Europäische Kommission gegenwärtig die Rolle der internationalen Finanzmärkte bei der Preisbildung. Dieser Bericht wird ebenfalls bis Oktober 2008 dem Rat der Europäischen Union vorgelegt.
Zudem haben die Staats- und Regierungschef der führenden Industriestaaten und Russlands auf dem G8-Treffen im Juli in Japan eine Stärkung der so genannten „Joint Oil Data Initiative“ (http://www.jodidata.org/) gefordert. In dieser Datenbank werden jeden Monat, unter anderem in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, Größen wie Produktion, Handel und Vorräte erfasst. Außerdem haben die G8-Staaten einen intensivierten Dialog zwischen Konsumenten- und Produzentenländern vereinbart und empfohlen, Energiesparmaßnahmen wahrzunehmen, auf andere Energieträger auszuweichen sowie neue Förder- und Raffineriekapazitäten aufzubauen. Da die weltweiten Ölvorräte jedoch endlich sind, ist davon auszugehen, dass der Ölpreis weiterhin auf einem relativ hohen Niveau bleiben wird.
Vor diesem Hintergrund wird es immer wichtiger, mit Energie sparsam umzugehen. Daher fördert die Bundesregierung das Energiesparen in vielen Bereichen. Beispielsweise sollen im Rahmen des Programms „Klima-Prämie“ die Energieeffizienz der Wohngebäude und deren energetische Standards erhöht werden. Aber auch jeder einzelne Bürger kann durch sparsamen Energieverbrauch dazu beitragen, seine eigene Energiekostenrechnung zu senken. Tipps dazu finden Sie auf der Seite des Bundeswirtschaftsministeriums unter http://www.energie-verstehen.de.
Mit freundlichen Grüßen
Abteilung Presse und Kommunikation