Sehr geehrte Nutzer von direktzu.de/vonderleyen. Diese Plattform ist aufgrund des Wechsels an der Spitze des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) archiviert. Sie können daher keine Beiträge veröffentlichen oder bewerten. Bereits veröffentlichte bzw. beantwortete Beiträge stehen Ihnen jedoch weiterhin zu Ihrer Information zur Verfügung. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Beantwortet
Autor Alexander Pohl am 04. Januar 2009
10787 Leser · 141 Stimmen (-28 / +113)

Familie

Eine normal Familie in Deutschland

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen, wie man in Deutschland als Familie mit Kindern durch so einige Raster fallen kann.
Ich denke ich verdiene nicht schlecht (ca. 2400,- Euro netto im Monat)
Wir haben 3 Kinder ( 7,5,1 Jahr alt) und meine Frau war die letzten 7 Jahre Hausfrau und Mutter.
Nun das erste war die Umstellung auf das neue Elterngeld als es plötzlich schon 2 Kinder zu haben und sie zu erziehen nicht mehr so wertvoll war wie sich wegen eines Kindes aus dem Erwerbsleben vorübergehend zurückzuziehen. Ergebnis war, das wir nach der Geburt unserer Tochter mit 300,-Euro im Monat Elterngeld zurechtkommen mussten, das war gerade mal die Hälfte des Betrages das wir für unsere älteren Kinder bekommen haben!!

Nun will sich meine Frau mit einem kleinen Laden selbstständig machen und wir wollten Existenzgünderzuschuß beantragen. Aber welch Wunder Fehlanzeige! Laut Auskunft vom Amt ist man für den Zuschuß nur berechtigt, wenn man Arbeitslosengeld 1 bezieht. Und wieder zählt es in Deutschland nicht das man sich die letzten Jahre um seine Kinder gekümmert hat und dem Staat nicht auf der Tasche liegen wollte. Dies ist völlig unverständlich für uns!
Wir zahlen immer unsere Steuern, aber als normale Familie mit Kindern ist man in diesem Staat immer weniger Wert.
Dabei haben Sie doch gesagt das Sie den normalen Familien helfen wollen.
Meine Frage ist: Gibt es Möglichkeiten der Hilfe auch für uns als Familie mit Kindern.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander, Barbara, Chistopher, Dominic und Emily Pohl

+85

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Ursula von der Leyen am 02. April 2009
Ursula von der Leyen

Liebe Familie Pohl,

ich möchte Ihnen vorweg sagen, dass ich es großartig finde, dass Sie drei Kinder erziehen.

So sehr ich Ihre Enttäuschung verstehen kann, dass der Elterngeldbetrag für Ihr jüngstes Kind nicht Ihren Erwartungen entspricht, so bitte ich Sie doch, die Gründe für die Umstellung vom Erziehungsgeld auf das Elterngeld anzuhören: Vor dem Elterngeld war es so, dass viele Familien mit der Geburt eines Kindes in eine regelrechte finanzielle Achterbahn gerieten. Wenn ein Elternteil – meist die Mutter - erstmal ganz aus dem Arbeitsleben ausstieg, brach gleich ein ganzes Einkommen weg. Das Erziehungsgeld konnte diesen Einbruch in vielen Fällen nicht verhindern. Elterngeld erhalten heute fast alle Eltern, vom Erziehungsgeld konnte man das nicht sagen: Bei den im Jahr 2006 geborenen Kindern haben fast ein Viertel (23%) der Familien überhaupt kein Geld bekommen und nur etwa die Hälfte aller Eltern hat länger als sechs Monate den maximalen Erziehungsgeldbetrag von 300 Euro monatlich erhalten. Ein Viertel der Eltern erhielt ein gemindertes Erziehungsgeld und die Hälfte von ihnen auch das nur zwölf Monate lang, rund ein Fünftel (18%) erhielt das Erziehungsgeld nur für ein halbes Jahr. Dabei gingen vor allem viele Einverdiener-Ehen leer aus, weil der berufstätige Partner mehr als 23.000 Euro netto im Jahr verdiente (auch Sie wären mit Ihrem jetzigen Verdienst von 2400 Euro netto pro Monat nicht ohne Weiteres anspruchsberechtigt) und damit die Einkommensgrenze überschritten war. Nur die Hälfte der Bezieher erhielt auch im zweiten Jahr noch Erziehungsgeld. Von diesen haben im zweiten Jahr viele nicht 300 Euro, sondern nur einen – je nach Haushaltseinkommen – gekürzten Betrag erhalten.

Sie haben außerdem die fehlende Förderung bei der Existenzgründung Ihrer Frau angesprochen. Nach dem geltenden Gesetz kommt der Gründungszuschuss nur in Betracht, wenn Ihre Frau bis zu Beginn der Selbstständigkeit Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hätte oder in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt wäre.
Möglicherweise gibt es für Ihre Frau jedoch andere Förderungsmöglichkeiten. Dazu gehören begünstigte Darlehen der KfW Mittelstandsbank oder der Landesförderinstitute wie zum Beispiel der L-Bank in Baden-Württemberg, der LfA in Bayern oder der NRW.BANK in Nordrhein-Westfalen. Für Gründer ohne Anspruch auf Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit bietet Europäische Sozialfonds (ESF) Hilfen zur Existenzgründung an. Eine Übersicht über die Förderprogramme der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland sowie der Bundesländer bietet die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft.

Ich hoffe sehr, dass Ihrer Frau der Sprung zurück in den Beruf gelingt und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute

Herzliche Grüße

Ihre