Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Gunther G. am 19. September 2012
9263 Leser · 1 Kommentar

Wirtschaft

Unsere Subventionen töten Menschen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

hat der erste UN-Sonderbotschafter für Recht auf Nahrung und heutiger Vizepräsident des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrates, Jean Ziegler recht, wenn er in diesem Interview von Verbrechen spricht?

http://www.tagesschau.de/ausland/agrarsubventionen130.html

Jeden Tag sterben 57.000 Menschen an Hunger und das ist Mord.
Monopolistische Agrarkonzerne kontrollieren und manipulieren den Markt für Grundnahrungsmittel. Internationale Organisationen wie die Weltbank helfen, Kleinbauern ihr Land zu stehlen. Dieser Prozess wird dann auch noch gesteigert, weil wir in großem Stil Nahrungsmittel in den Tanks unserer Autos verbrennen.
Millionen Tonnen Nahrungsmittel auf einem Planeten zu verbrennen, auf dem täglich fast 60.000 Menschen verhungern, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Im Jahr 2010 unterstützte die in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vereinigten Staaten ihre Bauern mit 349 Milliarden Dollar. Diese Subventionspolitik tötet Menschen.

Der massenhafte Ausverkauf der Entwicklungsländer wird dann auch noch von der Weltbank, der Europäischen Investitionsbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank finanziert. 2010 wurden in Afrika 41 Millionen Hektar Ackerfläche von ausländischen Investoren gekauft, langfristig gepachtet oder ohne Gegenleistung übernommen.

Infolge der Finanzkrise setzten diese Finanzhaie nun auch auf die Spekulation mit Agrarrohstoffen, vor allem Grundnahrungsmittel. Diese Geschäfte sind für die Hedgefonds äußerst lukrativ. Die Preise für Grundnahrungsmittel schossen in die Höhe und zusätzliche Millionen Menschen wurden systematisch in den Hunger getrieben.

All die mörderischen Mechanismen, die für den Hunger verantwortlich sind, sind von Menschen gemacht – und können natürlich auch von Menschen geändert werden. Wer auf Grundnahrungsmittel spekuliert, hat Blut an den Händen. Das muss einfach verboten werden.

Gunther Gräfe

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 24. Oktober 2012
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Gräfe,

vielen Dank für Ihre Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Der Kampf gegen den Hunger ist der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Zentral sind dabei die Ernährungssicherheit und die Förderung des ländlichen Raums. In diesen Bereichen hat die Bundesregierung das entwicklungspo- litische Engagement deshalb in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. Seit 2009 hat sie die Mittel für ländliche Entwicklung und Ernährungssicherheit fast verdoppelt – auf über 800 Millionen Euro. Bei der Bekämpfung von Armut bewirkt ein investierter Euro in kaum einem anderen Sektor so viel wie in der Landwirtschaft.

Nahrungssicherung weltweit ist von überragender Bedeutung. Aber auch die Sicherung des Energiebedarfs gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Aus Sicht der Bundesregierung hat die Lebensmittelproduktion stets Vorrang vor dem Anbau von Energiepflanzen. Die Europäischen Union hat Biokraftstoffe unter dem Vorbehalt der Ernährungssicherung eingeführt. Es gibt aber noch ein erhebliches Potenzial für Energiepflanzen, ohne die Nahrungs- und Futtermittelproduktion einschränken zu müssen. Nach Informationen der Welternährungsorganisation FAO werden derzeit nur auf zwei bis drei Prozent der weltweiten Ackerflächen Energiepflanzen angebaut. In Deutschland wächst auf rund zwei Prozent der Ackerflächen Getreide, das für die Bioenergie- nutzung bestimmt ist.

Sie haben Landkäufe in Entwicklungsländern angesprochen. Sichere Zugangsrechte zu Land und anderen produktiven Ressourcen sind für die Menschen in ländlichen Gebieten überlebenswichtig. Sie sind ein Schlüssel- faktor zur Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung. Private Investitionen sind für die Ernährungssicherheit wichtig, sie dürfen aber nicht die Menschen- rechte und Landrechte der lokalen Bevölkerung verletzen.

Im Mai dieses Jahres hat der Ausschuss Welternährungssicherung der Vereinten Nationen „Freiwillige Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern“ be- schlossen: das erste völkerrechtliche Instrument, das weltweit den sicheren und gerechten Zugang zu natürlichen Ressourcen regelt.

Die Leitlinien sind ein Meilenstein hin zu guter Regierungsführung im Landsektor. Die Bundesregierung hat die Verhandlungen maßgeblich unterstützt und engagiert sich dafür, dass aus Worten Taten werden. Dabei setzt sie die Erfahrungen unseres Landes in den Bereichen Bodenpolitik- beratung, Landnutzungsplanung und Landregistrierung ein. So unterstützt die Bundesregierung die Partnerländer dabei, eine Bodenverwaltung zu entwickeln, die einer nachhaltigen Landnutzung verpflichtet ist.

Mehr zum Thema Welternährung: http://www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/Welternaehrung/welterna...

http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/ernaehrung/ind...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Mechthild K.
    am 27. September 2012
    1.

    SUBVENTIONEN UND DIE FOLGEN
    Die europäische Fischereiflotte ist in vielen Bereichen zwei- bis dreimal größer als für eine nachhaltige Fischerei gut wäre.
    Laut EU-Kommission sind bereits bis zu 88 Prozent der kommerziell genutzten Bestände überfischt. Greenpeace schreibt, dass mit den EU-Fördergeldern Überkapazitäten finanziert werden und eine Plünderung der Weltmeere aufrechterhalten wird. Viele Fangschiffe unter europäischer Flagge gehen außerhalb Europas auf Jagd, insbesondere in den Gewässern Westafrikas.
    Subventionen auf europäisches Fleisch ruiniert Afrikas Wirtschaft.http://www.youtube.com/watch?v=I-FgaeBwNgM
    Auf Süddeutsche.de ist zu lesen:
    Die USA und Europa haben begonnen, ihren billigen, hochsubventionierten Weizen nach Afrika zu liefern. "Zu Preisen, mit denen die heimischen Bauern einfach nicht mithalten konnten", sagt Francisco Mari, Agrarexperte beim Evangelischen Entwicklungsdienst in Bonn. Mit der Zeit hätten die Menschen - vor allem die, die in den Städten wohnen - ihre Ernährungsgewohnheiten verändert. "Auf einmal war der Hirsefladen nicht mehr gefragt, stattdessen begann man, Weißbrot und Baguette zu essen." Die heimischen Bauern wurden ihre Ernte nicht mehr los. "Auf Weizen umstellen konnten sie auch nicht, weil der in dem Klima nicht so gut gedeiht." Und so gaben immer mehr Bauern den Anbau auf. "Mittlerweile müssen Kenia und Senegal bis zu 60 Prozent ihres Getreidebedarfs importieren"

  2. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.