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Abstimmungszeit beendet
Autor Klaus Harms am 01. Februar 2010
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Gesundheit

Gesundheitsfürsorge Krankenhaussterben

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

das Gesundheitswesen in Deutschland steht 2010 vor einer Pleitewelle!

Fast jede vierte Klinik pleite, bis zu 40 Prozent der Betten wurden bisher abgebaut. Die Kosten für das Gesundheits-wesen haben sich heute gegenüber 2003 knapp vervierfacht.

Aktuell versorgen in Deutschland 2.087 Krankenhäuser jährlich ca. 17 Millionen Menschen mit medizinischen Dienst-leistungen ( vgl. www.dkgev.de Deutsche Krankenhaus-gesellschaft e.V. 10623 Berlin.) und erwirtschaften jährlich ca. 64,6 Milliarden Euro Umsatz.

Laut dem Krankenhaus Rating Report 2009 des RWI-Instituts in Essen, droht 2010 eine Pleitewelle bei Krankenhäuser in Deutschland. 17 Prozent der Krankenhäuser sollen dann vor der Insolvenz stehen, 2020 sollen es sogar rund 1/3 sein. Die Studie "Krankenhaus 2015" zeichnet ein drastisches Szenario!

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die 2.087 Kliniken mit zusammen rund 580.000 Betten vertritt, hält dies für sehr realistisch. "Der Trend geht bereits seit Anfang der 90er Jahre in diese Richtung". Seitdem wurden bei permanent sinkender Verweildauer 150 Kliniken geschlossen und 100.000 Betten abgebaut.

Gesetzliche Krankenversicherungen und staatlich finanzierte Kliniken wird es ab 2015 nicht mehr geben! Der ganze Bereich des Gesundheitswesens wird weitgehend privatisiert sein. Der Staat gewährleistet nur noch eine Grundversorgung. Wer als Patient mehr will, muss in die eigene Tasche greifen.

Die Kosten für das Gesundheitswesen explodieren stärker als bisher vorhergesehen. Heute werden dafür jährlich gut 900 Milliarden Euro ausgegeben, 2015 werden es nach der Studie 1,9 Billionen sein. Die Hauptgründe: der medizinische Fortschritt und die steigende Lebenserwartung. Den Löwen-anteil werden danach die Patienten zahlen müssen: 30 Prozent der Kosten werden sie stemmen (heute zwölf Prozent). Die öffentliche Hand wird statt derzeit knapp 13 Prozent nur noch sieben Prozent beisteuern. "Die Kosten werden mit 70 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch sein wie heute".

Das hat gravierende Auswirkungen auf die Kliniklandschaft: Nur rund 1.700 der heute 2.087 Krankenhäuser werden im Wettbewerb bestehen können, sagt die Studie voraus. 30 bis 40 Prozent der Betten fallen danach bis 2015 weg - vor allem weil durch effizienteres Arbeiten die Verweildauer von heute elf auf drei bis fünf Tage sinkt. Die restlichen Kliniken werden nach der Studie überwiegend in der Hand von privaten Anbietern sein, gemeinnützige Träger könnten sich mehr oder weniger behaupten. "Die großen Verlierer sind die öffentlich-rechtlichen Krankenhäuser".

Die Kliniken werden ihr Angebot in diesem freien Markt zunehmend differenzieren müssen: Wie bei Lebensmitteln wird es auch im Gesundheitswesen "Aldi" geben und das ökologische Reformhaus.

Die Folge: Der rund 65 Milliarden Euro schwere deutsche Krankenhausmarkt steht vor einem radikalen Umbruch. „Die Krankenhausstruktur entspricht in keiner Weise den heutigen und zukünftigen Bedürfnissen“, erklärt Sebastian Krolop, Geschäftsführer von Admed, der auch an der Studie mitgearbeitet hat. Der Markt ist extrem zersplittert, die vier größten privaten Klinikbetreiber kommen zusammen nicht mal auf zehn Prozent Marktanteil. Das wird sich jetzt im Jahr 2010 ändern, wenn die Krise auf den Gesundheitsmarkt durchschlagen wird. Kommunen und Kreise werden weniger Geld in die Kliniken investieren können, die ihrerseits immer härter um ihre Margen kämpfen müssen. Die Folge: ein Privatisierungsschub!

1. Was planen Sie, Frau Bundeskanzlerin, mit ihrem Koalitionspartner FDP gegen das Krankenhaussterben in Deutschland langfristig zu unternehmen?

2. Seit dem Jahr 2005 müssen alle Krankenhäuser ihre Prozesse alle drei Jahre nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifizieren lassen. Das hat aber gar nichts mit Qualität zu tun. Welche Zielvorstellungen haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, langfristig, die Qualität und besonders die Güte in den Krankenhäusern und Kliniken nachhaltig zu verbessern?

Darf ich auf Ihre Antworten hoffen?

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Jürgen Harms
Qualitätsmanager, Auditor, Visitor