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Beantwortet
Autor Thomas Schüller am 13. August 2010
23644 Leser · 0 Kommentare

Wirtschaft

Bahnhofsneubauprojekt Stuttgart 21


Sehr geehrte Frau Dr. Merkel!
Sehr geehrte Damen und Herren!

In Kürze soll mit dem Abbruch des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofes begonnen werden - der m.E. erste sehr einschneidende Arbeitsschritt für das äußerst umstrittene Großprojekt Stuttgart 21.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart_21

Seit Beginn der Diskussion stehen sich Befürworter und Gegner dieses Projektes fundamental gegenüber und mit den unmittelbar bevorstehenden Abbrucharbeiten droht die Situation zu eskalieren.

Das alles nicht ohne Grund:

Vor einigen Wochen berichtete die ZDF-Sendung "Frontal 21" mit dem vielsagenden Titel "Milliardenloch im Schwabenland" über die Gefahr erheblicher offiziell bislang nicht eingeplanter Mehrkosten:

http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,8043183,00...

Die Sendung stützt sich auf einen Bericht des Bundesrechnungshofs, der besagt, dass der Finanzierung des Bahnhofs-Projektes 1,2 Mrd Euro fehlen, sowie weitere 1,2 Mrd für den Neubau der Strecke Stuttgart - Ulm.

Frage 1:

Wie werten Sie diesen Sachverhalt?

Frage 2:

Kann die mit diesem Projekt verbundene (voraussichtlich erhöhte) Kapitalbindung nicht extrem negative Konsequenzen für die übrigen Staatshaushalte bedeuten?

Frage 3:

Halten Sie die von der Bundesregierung erklärten Ziele bezogen auf die Minimierung bzw. Eliminierung der Nettoneuverschuldung angesichts der bei diesem Großprojekt avisierten Ausgabepolitik für noch erreichbar?

Frage 4:

Wie gehen Sie mit den erheblichen Eingriffen in den Bestand um, welche durch die geplanten Bauarbeiten zwingend nötig scheinen?

Mindestens 120 alte Bäume im angrenzenden Stuttgarter Schlosspark sollen gefällt sowie etwa 40% -50% der historischen Substanz des derzeitigen Stuttgarter Hauptbahnhofes abgerissen werden.

Angesichts der drohenden Missstände fiskalischer, verkehrlicher und gesellschaftspolitischer Natur hat sich der Protest in den letzten Tagen ausgeweitet und die wirkliche gesellschaftliche Unterstützung für das Mammutprojekt scheint mir nicht gegeben und nicht belegt.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2587171_0_9223...

Frage 5:

Was halten Sie von einer Denkpause?

http://stuttgarterappell.de/?

Mit freundlichen Grüßen, Thomas Schüller

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 26. August 2010
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Stuttgart 21 ist ein Projekt der Bahn, der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg. Es ist keine Maßnahme im Rahmen des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege. Deshalb hat es keine finanzielle Auswirkung auf andere Bedarfsplanmaßnahmen für die Bundesschienenwege.

Der Bund trägt die Kosten für die Einbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Das wäre übrigens auch ohne Stuttgart 21 erforderlich. Die Mittel hierfür liegen bei rund 560 Millionen Euro. Über den genannten Betrag hinaus übernimmt der Bund keine Kostensteigerungen.

Die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm ist Bestandteil des „Vordringlichen Bedarfs“ des geltenden Bedarfsplans für die Schienenwege. Es besteht ein großes Bundesinteresse daran. Die Strecke gehört zur Magistrale für Europa, die von Paris über Stuttgart, München und Bratislava bis Budapest führt, und soll Engpässe auf dieser Strecke beseitigen.

Die Deutsche Bahn AG hat ihre Kostenschätzungen kürzlich aktualisiert. Die Gesamtkosten für den Neubau der insgesamt rund 60 Kilometer langen Neubaustrecke Wendlingen - Ulm belaufen sich demnach auf rund 2,89 Milliarden Euro. Das Bundesverkehrsministerium prüft derzeit die Kostenplanungen und ist mit der Bahn sowie dem Land im engen Gespräch, um die Finanzierung auch unter den neuen Gegebenheiten sicherzustellen.

Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich ab 2010 mit einem nicht rückzahlbaren Baukostenzuschuss von 950 Millionen Euro an der Neubaustrecke und ermöglicht damit eine frühere Umsetzung dieser Maßnahme. Das ist ein Wunsch des Landes.

Zu Ihrer Frage nach einer „Denkpause“ verweisen wir auf ein Antwortschreiben der Projektträger für Stuttgart 21 an den Vorsitzenden der Fraktion GRÜNE im Baden-Württembergischen Landtag, Winfried Kretschmann: http://www.stuttgart.de/img/mdb/item/406116/57712.pdf.

Weitere Fragen zur konkreten Umsetzung des Bauvorhabens richten Sie bitte an die Deutsche Bahn AG als Vorhabenträgerin und Bauherrin.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung