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Beantwortet
Autor Christian Adrion am 18. Oktober 2013
10306 Leser · 5 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Grausamkeiten gegen Tiere

Werte Frau Bundeskanzlerin,
der große deutsche Forscher und Wissenschaftler Alexander von Humboldt prägte
folgenden Satz:

ZITAT: ,,Grausamkeiten gegen Tiere kann weder bei wahrer Bildung noch bei wahrer Gelehrsamkeit bestehen. Sie ist eines der kennzeichnensten Laster eines niederen und unedlen Volkes!

Zweifelos hat er damit recht.
Ich frage Sie, wieso ist das brutale Schächten von Tieren wieder bei uns erlaubt ist, obwohl es seit er Aufklärung längst verboten war?

Es kann nicht sein dass religiöse Bräuche über dem Grundgesetz stehen. Muß ich befürchten, das noch mehr menschlicher Fortschrit für religiösen Mißbrauch geopfert wird. Wenn ja, das macht mir Angst vor der unheilvollen Zukunft meiner Kinder. Stehen Sie für unsere Werte ein!!!
Das darf ich von einer Bundeskanzlerin erwarten.
Ich bitte Sie um baldige Antwort.

Mit freundlichem Gruß
Christian Adrion

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 01. November 2013
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Adrion,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Problematik des Schächtens aus religiösen Gründen wird immer wieder diskutiert. Viele Tierschutzorganisationen, aber auch Bürgerinnen und Bürger fordern ein Schächtungsverbot.

Sowohl der Tierschutz als auch die Religionsfreiheit sind durch das Grund- gesetz geschützt. Für einen solchen Fall der sogenannten Güterkollision haben das Bundesverfassungsgericht im Januar 2002 und das Bundes- verwaltungsgericht im November 2006 entschieden: Beide Güter sind so gegeneinander abzuwägen, dass jedes von ihnen bestmöglich zur Geltung kommt.

Das Tierschutzgesetz verbietet deshalb grundsätzlich das betäubungslose Schlachten von Tieren. Die Behörden können jedoch Ausnahmen für Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften zulassen. So zum Beispiel, wenn die Glaubensgemeinschaft das Schächten vorschreibt oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt. Das gilt vor allem für Angehörige islamischer und jüdischer Glaubensrichtungen.

Damit das Tier so wenig wie möglich leidet, darf die Schlachtung nur durch einen speziell ausgebildeten Schlachter erfolgen. Von zahlreichen religiösen Gruppen wird bei rituellen Schlachtungen zudem die Elektrokurzzeitbetäubung vor dem Schächtschnitt akzeptiert und angewandt.

Die Entscheidungen können Sie auf den Internetseiten des Bundes- verfassungsgerichtes http://www.bundesverfassungsgericht.de/ und des Bundesverwaltungsgerichtes http://www.bverwg.de/ mit Hilfe der Stichwortsuche nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (5)Schließen

  1. Autor H. Förnzler
    am 23. Oktober 2013
    1.

    In der deutschen Fachzeitschrift für Landwirtschaft top agrar habe ich diesen Artikel gefunden:
    die niederländische Landwirtschaftsministerin Sharon Dijksma verlangt von der Europäischen Kommisson als Minimum eine Kennzeichnungspflicht - Fleisch geschächtet oder entsprechend christlicher Werte unter Betäubung geschlachtet.

    In Polen verweigern Parlament und Gerichte hartnäckig der polnischen Regierung die Gefolgschaft; diese möchte entsprechend EU-Vorgaben die christlich-abendländische Lebenswelt als nicht beachtenswert beiseite schieben.
    http://polen-heute.de/kampf-schaechten-95584/

    Und wir - Freunde - machen uns keine Gedanken mehr über >halil oder halal< - Döner, das sind solche die in jedem Fall auch geschächtet enthalten können.
    Nein, Danke!

  2. Autor H. Förnzler
    am 23. Oktober 2013
    2.

    Aus Anlass des Stöberns über diesem sehr umfassenden Thema möchte ich auf diese Seite verweisen:

    http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:...
    Verordnung der EU vom 24. September 2009 über Schlachtung;
    wir lesen hier einen typischen Fall von außerordentlichem
    Flachgang im Falle von EU-Gesetzgebung;
    kann man mit mehr Worten weniger Verbindliches von sich geben, und gleichzeitig doch alles offen lassen für auch die schlimmsten Auslegungsmöglichkeiten?
    >Gesetz< - das war in unseren deutschen Landen ehedem Synonym für Akzeptanz, Verbindlichkeit, Verständlichkeit, Konzentration.
    Dieses EU-Gesabbere lebt eher dem Verwirrungsziel denn dem Identitäts-, Ordnungs-, Friedensideal.
    ..
    Dann diese Fundstelle:
    http://www.euractiv.de/verbraucherschutz/artikel/stellung...
    gleichlautend:
    es sollten im Sinne kongruenten Verhaltens auf alle Verpackungen mit dem Inhalt geschächteten Fleisches die blutigen Bilder geschächteter Tier aufgedruckt werden - zur Abschreckung.
    ..
    Das Leben und die Interessen der Menschen und diese EU-Bürokratie-Diktatur sind nicht zur Übereinstimmung zu bringen.
    Da kann die Propaganda sich drehen und wenden wie sie will.

  3. Autor Erhard Jakob
    am 27. Oktober 2013
    3.

    Ich dachte *Schächten* wäre mehr eine Tradition.
    Wenn diese von Fachleuten ausgeführt wird,
    dann leidet das Tier sicher auch nicht
    viel mehr. Als wenn es anders
    geschlachtet wird.
    .
    Unter Tierquälerei verstehe ich eher, wenn
    Haustiere (Hunde, Katzen usw.) ausge-
    setzt werden. Die Tiere sterben oft
    einen langen quälenden Tod.
    .
    Insbesondere dann, wenn z. B. ein Hund
    an einen Baum angebunden wurde
    und dieser von niemanden
    gefunden wird.
    .
    Das ist Tierquälerei in der schlimmster Form
    und diese gibt es in Deutschland
    leider sehr oft.

  4. Autor Helmut Krüger
    am 27. Oktober 2013
    4.

    Die Debatte ist bei Lichte betrachtet schon seit dem Gerichtsurteil des muslimischen Kölner Schlachters "durch", der verfassungsrechtlich VÖLLIG ZU RECHT auf eine Gleichbehandlung des muslimischen und des jüdischen Schächtens drang.

    Solange keine Tiere öffentlich auf Marktplätze geschächtet werden, sondern in den einschlägigen Räumen von Menschen des entsprechenden jüdischen Glaubens, kann ich keinen Frevel darin erkennen. Schleßlich kennen wir die direkte Tötung ohne Betäubung bei Tieren selbst. Nicht von Mensch gegen das einzelne Tier wie beim Schächten, sondern per großindustriellen Fang und per Jagd, nicht nur des Fleisches wegen, sondern oft genug wegen des Geweihs.

    Solange - durchaus in Einklang mit interessegeleiteten Tierschutzgesetzen - die Tiere in Schlachthöfen nur Nummern sind und auf der Ebene eines bloßen Objektes behandelt werden, solange der gewöhnliche Bundesbürger auf seine durschnittliche Wochenportion von 1,7 kg (!!) Fleisch nicht verzichten will, steht die Kritik auf reichlich schwachen Beinen und ist all zu offenkundig davon bestimmt, gegen eine unliebsame Glaubensgemeinschaft ein weiteres Geschütz aufzufahren.

    Bei Vegetariern, die unabhängig nach interessegeleiteter Glaubensrichtung agiert, ist das selbstverständlich anders, bei Menschen, die bewusst wenig Fleisch essen und das eine UND das andere kritisieren, selbstverständlich auch.

  5. Autor Helmut Krüger
    am 27. Oktober 2013
    5.

    Als Mensch, der Fleisch in Maßen, jedoch keineswegs in Massen isst und sich daher durchaus eine Wertschätzung anstelle einer bloßen Selbstverständlichkeit zubilligt, als ein solcher Mensch kommt mir "unsere" Kutlur vergleichsweise eingefleischter vor als bspw. die muslimische. Das wäre auf jeden Fall zu prüfen.

    Neben den hier genannten Dönern gibt es weitaus selbstverständlicher als an den klassischen Pommesbuden die ganze Palette von reinen Gemüsegerichten, währenddessen man sich bei Nachfrage an den Pommesbuden schon mal diie Bemerkung gefallen lassen muss, "Karnickelfutter führen wir nicht".

    Das ist gewiss regioinal unterschiedlich. Im Schwarzwald kommt der Wenig-Fleischesser und Gar-nicht-Fleiisch-Esser durchaus auf seine Kosten, in bayerischen Dörfern und in den meisten Gegenden Ostdeutschlands ist Terra Incognita.

    Es sei denn, es findet sich im Ort zufälig ein türkischer Imbiss, der neben Döner selbstverständlich auch Derartiges bietet. ;-

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