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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Jan Paulus am 05. Januar 2012
20575 Leser · 4 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Differenzen zwischen Erziehern und Lehrern

Sehr geehrte Frau Kanzlerin

Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen.

In Deutschland ausgebildete Lehrer erhalten einen Beamtenstatus, ein stabiles Gehalt und diverse finanzielle Erleichterungen. Wie kann es sein, dass ein in Deutschland ausgebildeter Erzieher all diese Boni nicht erhält. Der Erzieher arbeitet 40 Stunden pro Woche. Der Lehrer maximal um die 30.
Warum können die Verhältnisse hier nicht angepasst werden?
In einer Familie, in der beide Elternteile 40 Stunden die Woche arbeiten, kann es nicht normal sein, dass die letze Monatswoche kaum noch Geld für Lebensmittel vorhanden ist.

Wenn es Deutschland wirtschaftlich nicht gut geht, dann müssen die Boni für Lehrämter reduziert werden.

Warum wird dies nicht in Betracht gezogen?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 23. Februar 2012
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Paulus,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Gerade in den letzten Jahren ist allen im Lande deutlich geworden, wie wichtig der Erzieherberuf im Zusammenhang mit frühkindlicher Sprachförderung und Integration ist. Bund, Länder und Kommunen unternehmen daher große Anstrengungen, um Erzieherinnen und Erzieher zusätzlich zu qualifizieren und künftig auch akademische Abschlüsse für diesen Beruf zu schaffen. (Mehr Informationen dazu unter http://erzieherin.de/studiengaenge-fuer-fruehpaedagogik.php)

Es dauert allerdings noch einige Jahre, bis dies flächendeckend geschehen ist. Erst langsam wird es sich auf die Bezahlung der Kräfte auswirken, die derzeit als Fachschulabsolventen verhältnismäßig niedrig eingestuft sind.

Der Vergleich mit Lehrerinnen und Lehrern, die eine ebenso verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben, aber grundsätzlich akademisch ausgebildet sind, liegt auf der Hand. Es kann aber nicht darum gehen, diesen Berufsstand abzuwerten, zumal er mit erheblichen Belastungen verbunden ist. Dabei ist keineswegs mehr überall eine Verbeamtung und ein hohes Gehalt selbstverständlich.

Wenn man die Arbeitsbelastung vergleicht, ist es unzulässig, nur auf die Anwesenheitszeiten zu schauen. Lehrerinnen und Lehrer haben einen erheblich höheren Zeitaufwand für die Unterrichtsvorbereitung und die Korrektur von Tests und Klassenarbeiten, so dass die Arbeitszeit in der Regel weit über 40 Stunden liegt.

Alle gemeinsam sollten daran arbeiten, Erzieherinnen und Erzieher aufzuwerten und nicht andere Berufe abzuwerten. Dazu gehört ein hohes Engagement der Betroffenen, sich weiterzubilden, ebenso wie eine höhere Anerkennung ihrer Leistung in der Gesellschaft.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Bastian Lutterjohann
    am 06. Januar 2012
    1.

    Es gibt nicht nur Unterschiede zwischen Lehrern und Erziehern, sondern auch innerhalb der beiden Gruppen:

    Manche Lehrer machen als Angestellte den gleichen Job an der gleichen Schule wie ihre verbeamteten Kollegen und haben netto um einiges weniger. Die Beamten sind privat krankenversichert und müssen ihre Rente nicht selber einzahlen sondern bekommen sie von uns Steuerzahlern als Pensionen quasi geschenkt.

    Bei den Erziehern kommt es darauf an, bei welchem Träger man beschäftigt ist (AWO, Stadt, Kirche, Elterninitiative, ...) da die sehr unterschiedlich zahlen.
    Oft haben Erzieher speziell im OGS Bereich (offene Ganztagsschule) oder auch in der Kita auch eben keine volle Stelle sondern nur einen Stundenanteil zwischen 15 und 30 Stunden. Und müssen dann noch hoffen, dass die Anmeldezahlen halbwegs stabil bleiben.

    Viele Grüße
    Bastian Lutterjohann

  2. Autor Jörg Schneider
    am 02. Februar 2012
    2.

    Folgendes zu den vermeintlichen Bonis der Beamten:

    1.) LehrerInnen arbeiten im Durchschnitt zwischen 40 und 50 h/Wo.. Sämtliche seriöse Arbeitszeitstudien belegen dies.

    2.) Beamte sind in der Tat privat krankenversichert und müssen wie Angestellte einen Teil ihres Versicherungsbeitrages selbst bezahlen (z.B. 50% bei Alleinverdienern). Dieser vom Beamten zu leistende Beitrag (bei mir z.B. 470€/Mon.) ist aber erstens deutlich höher als bei gesetzl. Krankenversicherten und wird zweitens bei der Berechnung des Nettogehaltes nicht vom Bruttogehalt mit abgezogen, so dass durchweg der Eindruck eines viel höheren Nettogehaltes der Beamten entsteht.
    Drittens ist der Beitragshöhe nicht gesetzlich geregelt, sondern wird vom KVUnternehmen festgesetzt, was mit steigendem Lebensalter und u.U. hinzukommenden Risikozuschlägen zu teilweise horrenden Beitragshöhen führt. Ein Wechsel der KV verschlimmert die Lage nur, weil dann i.d.R. eine Risikoneubewertung ansteht.

    3.) Beamtengehälter und Beamtenpensionen werden natürlich genau so vom Steuerzahler getragen wie die Gehälter und Rentenversicherungsbeiträge jeglicher im öffentlichen Dienst beschäftigter Angestellter. Dafür leisten diese Personengruppen Arbeit, so dass der Begriff "Geschenk" für derartige Entlohnungen wohl unpassend ist.
    Die Altersversorgung bei Beamten und Angestellten im ö.D. ist lediglich unterschiedlich organisiert:
    Angestellten wird der RV-Beitrag gleich vom Bruttogehalt abgezogen und in der gesetzl. RV angelegt, aus der sie später ihre Rente erhalten.
    Beim Beamten behält der Arbeitgeber schon vor der Bruttogehaltsberechnung einen (allerdings nirgends exakt bezifferten) Pensionsbeitrag ein (allerdings ohne diesen als solchen exakt zu beziffern) und zahlt ihn dem Beamten nach dessen Pensionierung in Raten zurück. Hier ist also der öfftl. Arbeitgeber sozusagen die "Pensionsversicherung" des Beamten. Während der gesetzl. RVträger jedoch die Rentenbeiträge mehr oder weniger gewinnbringend anlegt, arbeitet der öfftl. Arbeitgeber mit den einbehaltenen Pensionsbeiträgen des Beamten, bis dieser in Pension geht.
    Man kann darüber streiten, was besser ist, aber in beiden Fällen kommt die Rente bzw. Pension letztlich vom Arbeitgeber.
    (Forts. folgt)

  3. Autor Jörg Schneider
    am 02. Februar 2012
    3.

    4.) Um die Bruttogehälter von Beamten und Angestellten vergleichbar zu machen, muss man also vorher vom ausgewiesenen Brutto-Beamtengehalt den privaten KV-Beitrag abziehen und dann einen "Pensionsbeitrag" (in Höhe der abgezinsten später zu erwartenden Pensionszahlungen) hinzurechnen.

    5.) Viele Jahre wurden und noch einige Jahre werden auch künftig(im Laufe der Zeit allerdings abnehmende Anteile der) Renten nicht versteuert, während Pensionszahlungen schon immer voll besteuert wurden.

    6.) Die angesprochenen "finanziellen Erleichterungen" des offtl. Arbeitgebers gegenüber seinen Beamten kenne ich nicht. Lediglich einige Privatunternehmen gewähren bestimmten Risikogruppen Nachlässe, wobei die Beamtengruppe naturgemäß (z.B. bei der Kfz-Versicherung) wegen ihres (warum auch immer) besonders niedrigen Schadensrisikos besonders günstigen Tarifen profitiert. Dies hat nichts mit dem Arbeitgeber zu tun, sondern ist allein vom anbietenden Unternehmen zu verantworten (und ggf. zu bezahlen).

    7.) Das Beamtendrundgehalt ist in der Tat (bis jetzt) relativ stabil geblieben; ich gehe aber davon aus, dass bei immer klammer werdenden öfftl. Kassen die Übernahmen der Tariferhöhungen aus dem ÖD künftig immer unwahrscheinlicher wird. Gegen diese Abkopplung oder gar eine Gehaltsabsenkung zu kämpfen dürfte für Beamte (u.a. mangels Streikrecht) aussichtslos sein.

    8.) Das Beamtengehalt setzt sich aus einem Grundgehalt und einem (familienstandabhängigen) Zuschlag zusammen. Sind beide Ehepartner verbeamtet, so erhält seit einigen Jahren nach plötzlicher Gesetzesänderung nur noch einer der beiden den Zuschlag. Auch die Krankenversorgungsregelungen werden seit Jahren schrittweise verschlechtert. So viel zum "stabilen Beamtengehalt".
    (Forts. folgt)

  4. Autor Jörg Schneider
    am 02. Februar 2012
    4.

    9.) Bleibt noch der "sichere Job" als Beamter. Der ist in der Tat vorhanden - wenn auch durch Abgabe des Streik- und anderer Rechte vom Beamten "erkauft".
    Ich selbst habe mir den Beamtenstatus, sicheren Job und einen interessanten Beruf (kein Lehrer!) im Alter von 45 Jahren durch Verzicht auf ca. 1/3 meines damaligen Gehaltes in der Privatwirtschaft und durch Verzicht auf die dort noch 20 Jahre lang zu erwartenden Aufstiegsmöglichkeiten mit entsprechenden Gehaltssteigerungen im wahrsten Sinne des Wortes "teuer" erkauft. Ich will darüber nicht meckern, denn ich habe den Schritt bewusst getan. Allerdings will ich mir jetzt auch nicht vorhalten lassen, ich bekäme Jobsicherheit, stabiles Gehalt, Pension etc. vom Staat "geschenkt".

    10.) Nicht Beamte oder insbesondere Lehrer verdienen zu viel oder arbeiten zu wenig, sondern ErzieherInnen werden in Aberkennung ihrer Bedeutung für die Bildung und den Frieden in unserem Land sträflich unterbezahlt - ganz gleich, ob als Beamte oder Angestellte!
    (Ende)

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