Sehr geehrte Frau Hoffmann,
alternative und konventionelle Energiegewinnungsformen lassen sich objektiv nur schwer vergleichen. Für konventionelle Energieformen, wie z.B. Kohle, Gas, Erdöl, Kernenergie wird in der Regel keine „Vollkostenrechnung“ durch- geführt. Das heißt, die heutigen Stromkosten berücksichtigen nicht die Gesamtheit möglicher Folgekosten für Gesundheit und Umwelt, die als Ewigkeitskosten zu Lasten der Gesellschaft gehen.
Der Materialverbrauch für eine moderne Windkraftanlage „E 82“ mit 2,3 MW ist unter folgendem Link dargestellt: http://www.vdi-nachrichten.com/artikel/Mehr-Windkraft-an-.... Die Materialien einer Windkraftanlage können nach Ablauf der Betriebszeit nahezu restlos recycelt und komplett entfernt werden. Zu den von Ihnen gestellten Detailfragen (Kühlmittel, Wartung, Fundament usw.) liegen mir leider keine Erkenntnisse vor.
Die energetische Gesamtbilanz von Windkraftanlagen einschließlich Bau, Errichtung, Wartung und Demontage ist je nach Bauart und Leistung der Anlage in der Regel schon nach einer Betriebszeit von wenigen Monaten ausgeglichen. Danach erfolgt eine CO2-freie Energieerzeugung.
Die übrigen Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Umwelt sind um- stritten. Sie werden oft weit überschätzt und sollten in eine vernünftige Relation zu den übrigen Belastungen unserer Industriegesellschaft gesetzt werden.
Vogelschlag wäre nur durch Totalverzicht auf Windkraftanlagen völlig zu vermeiden. Die Bewertung ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Schon eine genauere Quantifizierung von Schlagopfern unter Vögeln und Fleder- mäusen bereitet Schwierigkeiten. Es gibt kaum zuverlässige Monitoring- systeme dazu. In vielen Fällen gelingt es, die Schäden durch artspezifische Abstandsregelungen sowie Betriebseinschränkungen (Abschaltzeiten) zu minimieren. Die Schlagopfer durch Windkraftanlagen stehen derzeit im Brennpunkt zahlreicher Diskussionen. Dagegen sind die viel höheren Opferzahlen z.B. durch Straßen- und Schienenverkehr oder durch Chemie- einsatz in der Landwirtschaft gesellschaftlich größtenteils akzeptiert oder werden billigend in Kauf genommen.
Für die Belästigung durch Schlagschatten und Befeuerung gibt es inzwischen technische Lösungen wie Abschaltzeiten und Funksysteme, die erst bei An- näherung von Flugzeugen die Blinklichter einschalten.
Die Gefährdung durch den Einsatz von Neodym* (Gesundheitsgefährdung und Brandgefahr) ist bekannt, und die Hersteller nutzen zunehmend Alternativen. Der deutsche Markführer Enercon verwendet Elektromagnete für seine Ge- neratoren. Andere Hersteller (z.B. Siemens, Vestas) nutzen die Vorteile der Neodym-Dauermagnete für Generatoren mit hohem Wirkungsgrad und Wartungsfreundlichkeit. Aufgrund der hohen Preise und wegen der kritischen Umweltsituation in den chinesischen Gewinnungsgebieten versucht z.B. Siemens andere Werkstoffe und recyceltes Neodymmaterial einzusetzen. Auch das Öko-Institut hat sich in einer Studie für diesen Weg ausgesprochen (http://www.oeko.de/oekodoc/1110/2011-001-de.pdf ).
Alle technologischen Entwicklungen unserer Industriegesellschaft zeigen bei genauer Betrachtung Belastungen für Mensch und Umwelt. Windkraftanlagen sind im Vergleich zu anderen Energieformen die derzeit leistungsfähigste Technologie. Windenergie bildet zusammen mit Wasserkraft und Solarenergie die mit Abstand umweltfreundlichste Variante zur Energiegewinnung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. G. Hälsig Abteilungsleiter Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
Anmerkung der Redaktion: Neodym ist ein chemisches Element und zählt zu den Metallen der seltenen Erden.
Kommentare (1)Öffnen
am 12. November 2012
1.
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.